Einige allgemeine Hinweise für VFR-Flüge in den Alpen:

  1. Flüge in den Alpen nur bei wirklich schönem Wetter durchführen! Neben guter Sicht gehören dazu auch geringe Windstärken.

  2. Die Flugplanung muß exakt die für Alpenüberquerungen vorgesehene Route festlegen. Beachten Sie dabei die Hauptsichtflugrouten, die als gestrichelte violette Linien in der Schweizer ICAO Karte eingezeichnet sind! Beachten Sie auch die für die Strecke vorgeschlagenen Mindestflughöhen. Wenn Sie diese Mindestflughöhen dann im Flug nicht halten können gibt's nur eine mögliche Entscheidung: Umkehrkurve und zurück! Geben Sie immer auch einen Flugplan auf! Melden Sie sich im Flug per Funk bei der zuständigen FIS Stelle. Ein funktionsfähiger ELT muß ebenfalls vorhanden sein! Zu den Vorsichtsmassnahmen gehört - auch im Sommer - die Mitnahme von ausreichend warmer Bekleidung für alle Insassen.

  3. Wetter-Briefing: holen Sie das aktuelle GAFOR für die gewählte Route ein. Kein Flug bei Werten unterhalb von "D" (difficult) ohne einheimische Ortskenntnisse! Das PC_met des DWD bietet mit der experimentellen Cross Section Vorhersage (Zürich LSZH - Mailand LIML) sehr gute Auskünfte über den Bewölkungsgrad, die Winde und die Temperaturverteilung im Alpenraum über der Schweiz. Berücksichtigen Sie vor allem bei Hochdrucklagen im Sommer den ausgeprägten Tagesgang des Wetters. Die starke Sonneneinstrahlung bewirkt in den Alpen ein Aufsteigen und Quellen von feuchter Luft, was zunächst zu ersten Cumulus Wolken in den Alpentälern führt. Am Nachmittag können sie sich dann zu riesigen Gewitterwolken türmen, die ein Durchkommen unmöglich machen. Nutzen Sie deshalb die kühle und klare Morgenluft für Ihre Alpenquerung.

  4. "NO GO" auch bei Wind stärker als 25 kts in 10000 ft oder 35 kts in 18000 ft. Vorsicht bei Nord- und Südföhn! Einer sogenannten Föhnwand (Wolkenwand auf der Leeseite des Gebirges) sollten Sie sich keinesfalls nähern. Schon leichte Gegenwinde in einem Föhntal haben oft eine Abwindkomponente, die die Steigfähigkeit Ihrer Maschine bei weitem übertrifft. Halten Sie sich bei Wind außerdem von Kreten und Graten fern, da in ihrem Bereich mit stärkern Turbulenzen und Rotoren zu rechnen ist.

  5. Die Leistungsfähigkeit Ihres Flugzeuges ist in grossen Höhen drastisch vermindert. Jeder weiss es - trotzdem resultieren hieraus die überaus meisten Unfälle in den Alpen. Hohe Temperaturen (schönes Sommerwetter) und grosse Luftfeuchtigkeit verringern die Leistung zusätzlich. Auch die Landestrecken, aber insbesondere die Startstrecken verlängern sich unglaublich. Die Kurvenradien werden bei gleicher Fahrtanzeige wesentlich grösser, da sich das Flugzeug in der dünnen Luft über Grund ja viel schneller bewegt als im Flachland. Das Variometer bleibt auch bei maximalem Anstellwinkel und Motorleistung unvermittelt bei Null kleben oder zeigt sogar gerade dann böse nach unten, wenn Sie unglücklicher Weise gerade versuchen ein Abwindfeld zu überwinden. Um das Maximum aus Ihrem Motor heraus zu holen, magern Sie unbedingt das Gemisch optimal ab. Lesen Sie das POH Manual, leanen Sie richtig, und lernen Sie die Powersettings für grosse Höhen auswendig!

  6. Eine gute Flugtaktik ist lebenswichtig! Damit der Höhenmesser Ihre wirkliche Höhe über Meer anzeigt wird in den Alpen selbstverständlich mit QNH Höhenmesser Einstellung geflogen. Seien Sie sich aber bewusst, dass die Höhenanzeige dennoch von der tatsächlichen Höhe abweicht sofern nicht ISO Standard Bedingungen herrschen. Faustregel: Wenn kälter als ISO ist, zeigt der Höhenmesser zuwenig an - wenn es wärmer ist zeigt er zuviel an. Merkregel: im Winter (=kälter) sind die Berge höher. Rechenformel: pro 10° Abweichung Korrektur der angezeigten Höhe um 4%.

  • Fliegen Sie nie in ein Tal ein, wenn Sie sich nicht schon am Taleingang mindestens 1000 ft (bei Wind sogar eher 2000 ft) über dem dahinter liegenden Pass befinden.
  • Fliegen Sie nicht in der Talmitte, sondern an der einen oder anderen Seite des Tals um immer genügend Platz für eine etwaige Umkehrkurve zu haben. In der Regel wird das die rechte Talseite sein, ausser dort gibt's Abwinde und gegenüber geht's eher hoch. Vorsicht: jetzt kommt Ihnen der Gegenverkehr sicher auf Ihrer Talseite entgegen!
  • Bei einer Umkehrkurve im Gebirge können Sie nicht wie im Flachland einem ebenen Horizont folgen. Behalten Sie deshalb ganz besonders die Fahrtanzeige und - wenn vorhanden auch den künstlichen Horizont - im Auge, setzten Sie wenn nötig volle Leistung und senken sie die Nase, wenn die Geschwindigkeit fallende Tendenz hat!
  • Fliegen sie die Umkehrkurve mit etwa 45° Schräglage. Da Sie sich ja nun ohnehin auf der Luvseite des Tales aufhalten, werden Sie vom Hang wegkurvend in den Wind hinein fliegen. Dadurch wird der benötigte Raum für eine Kurve bereits geringer als wenn sie das Vorhaben von der Leeseite eines Tales aus beginnen. Seien Sie sich aber auch bewusst, dass Ihr Kurvenradius im Quadrat mit der Geschwindigkeit wächst. Es macht deshalb durchaus Sinn, wenn Sie besonders mit schnellen und starken Maschinen in engen Tälern die Geschwindigkeit zum vorneherein etwas verringern, um wirklich jederzeit die Kurve schaffen zu können. Einige Autoren empfehlen die Umkehrkurve immer mit der sogenannten Corner Speed, resp. Maneuvering Speed Va, zu fliegen. Nur so sei die theoretisch engste Kurve möglich. Dies ist sicher richtig, allerdings müssen dafür grosse Schräglagen 60° und erhebliche Gs in Kauf genommen werden.
  • Einen Pass überqueren Sie immer im 45° Winkel von der Seite, um leicht ins offene Tal zurückdrehen zu können, wenn's dahinter nicht weiter gehen sollte. Halten Sie bei der Annäherung an den Pass Variometer und Höhenmesser im Auge, und zögern Sie keine Sekunde bei abnehmender Höhe umzudrehen und es eine Etage höher nochmals zu versuchen!
  1. Vorsicht auch in den Tälern, denn sie sind geradezu mit Kabeln verseucht. Fast jedes Jahr sind tödliche Abstürze wegen Kollisionen mit den unsichtbaren Killern zu verzeichnen. Daher ist es ein Gebot der Vernunft, nie zu tief in einem Tal zu fliegen und immer davon auszugehen, daß dort, wo ein Kabel gespannt werden könnte, auch tatsächlich eines gespannt ist... Tipps zum Kabelsalat

  2. Zur Warnung: der typische Unfall am Pass läuft wie folgt ab:

  • Der Pilot versucht den Pass im Steigflug zu überqueren.
  • Die Flugzeugnase schaut dabei in die Luft, und so auch der Pilot.
  • Das Bild, das er dabei vor sich hat, gaukelt ihm vor er könne den Pass leicht überwinden, denn er befände sich ja sogar viel höher als der Pass selbst.
  • Das ist aber nur eine optische Täuschung! Würde das Flugzeug in die horizontale Lage gebracht, dann würde der Pilot klar den Passübergang vor oder gar über sich haben.
  • So wird nun weiter geflogen, bis es zur Umkehr zu spät ist
  • und dann wird noch eine Umkehrkurve versucht. Weil man aber ohnehin mit maximalem Anstellwinkel und minimaler Fahrt unterwegs ist - und damit zu langsam für hohe Schräglagen - stallt das Flugzeug dicht über dem Boden.

Konsequenz daraus: IMMER vor dem Einflug in's Tal Höhe gewinnen bis über die Passhöhe (notfalls schrauben Sie sich vor dem Einflug in's Tal an Ort und Stelle hoch), und halten Sie das Flugzeug im Tal um Gottes Willen in horizontaler Fluglage! Hier ein Unfallbericht eines typischen Unfalles am Gotthard Pass.

  1. Und noch etwas: es wird immer wieder versucht "VFR on top" über die Alpen zu fliegen, meist auch noch ohne Sauerstoff und Turbolader. Das ist nichts weiter als Russisches Roulett! Vergessen Sie's! Hier ein negatives Beispiel, wie man es nicht machen soll, und so auch nicht.

Sicherlich sind bei diesen kurzen Überlegungen nicht alle Faktoren berücksichtigt, die es zu beachten gilt. Eine Haftung muss ich deshalb strikt ausschließen. Trotzdem kann Fliegen in den Alpen, wenn seriös betrieben wird, überaus sicher sein, und die prägenden Eindrücke gehören zu den schönsten Erlebnissen, die sich mit einem Flugzeug überhaupt erfliegen lassen. Scheuen Sie darum nicht davor zurück und machen Sie sich auf jeden Fall sachkundig mit einer speziellen Alpeneinweisung!