Erfahrungswerte

Fliegen bedeutet sehr oft eine große geistige Anstrengung. In solchen Situation können Faustregeln sehr nützlich sein: sie sparen Zeit, stützen sich auf Erfahrungswerte und passen fast immer.

Alles dauert länger als man allgemein annimmt.

Diese Kardinalregel gilt für die gesamte Durchführung eines Fluges. Erfahrene Piloten wenden sie speziell an bei der Schätzung Ihrer vorraussichtlichen Ankunfts- und Abfertigungszeit, bei angekündigten Wetterverbesserungen, bei der Bestimmung Ihrer Start- und Landestrecken und bei optimistisch angesetzten Werftzeiten.

Zur Errechnung der Geschwindigkeit über Grund sollte man stets Gegenwind mit 150%, Rückenwind dagegen nur mit 50% des eigentlichen Wertes ansetzen.

Soll die Windgeschwindigkeit durch 4 dividiert werden, so nimmt man besser die Hälfte. Auf einem Überlandflug hat Gegenwind prinzipiell größeren Einfluß auf die Flugzeit als Rückenwind, weil durch Rückenwind die Dauer der Einflußnahme verkürzt wird. Beim Rollen und im Anflug haben Gegen- und Rückenwind keine unterschiedlichen Auswirkungen.

Eine Tank-Zwischenlandung verlängert die Blockzeit um rund 45 Minuten, denn sie schließt fast immer mit ein:
  • mindestens ein Telefonat
  • Zahlen der Tankrechnung
  • Öl-Check
  • "Frischmachen" des Piloten und der Passagiere.

Weitere 10 Minuten vergehen sicherlich, wenn eine Schlechtwetterfront aufzieht und Sie noch vorher starten möchten...

Ein Tankzwischenstop kostet mindestens den Kraftstoffverbrauch einer halben Reiseflugstunde.

Landung und Steigflug zurück zur Reiseflughöhe verursachen eine zusätzliche Benzinverbrauch von 5 bis 8 US-Gallonen. Bei Turboladern erhöht sich der Wert um 50%, bei leichten Zweimots um das Doppelte.

Schwanzlastige Flugzeuge sind schneller.

Wandert der Schwerpunkt nach hinten, d.h. näher zum Auftriebsmittelpunkt, ist das Flugzeug besser im Gleichgewicht. Gleichzeitig wird der negative Auftrieb erhöht und der Luftwiderstand der Höhenflosse reduziert. Die Überziehungsgeschwindigkeit sinkt und das Landen von schweren Flugzeugen wird leichter, weil der Steuerdruck am Höhenruder nachläßt. Das Center of Gravity muß jedoch im festgelegten Bereich bleiben.

Die wirtschaftlichste Reiseflughöhe für Flugzeuge mit normalen Kolbentriebwerken bei einer Leistungeinteilung von 75% liegt zwischen 6000 und 8000 ft MSL.

Diese Höhe sollte beibehalten werden, um eine konstante Leistung von 75% und bei gegebenem Kraftstoffverbrauch eine höchstmögliche Eigengeschwindigkeit zu erzielen. Bei Leistungsreduzierung steigt die Optimalhöhe an. Trotz allem ist für die Wirtschaflichkeit eines Fluges unbedingt mit einzubeziehen: Höhenwind, Steigzeit und Benzinverbrauch während des Steigfluges.

Turbolader sind am leistungsfähigsten über 20.000 ft.

In manchen Flughandbüchern für Turbolader sind aus Gründen der Motorkühlung geringere Betriebshöhen angegeben.

Ein Steigflug von mehr als 10 Minuten pro Reiseflugstunde ist unwirtschaftlich.

In einzelnen Fällen kann ein Steigflug zur optimalen Reiseflughöhe zu teuer sein; dann nämlich, wenn die Bezinersparnis oben durch einen erhöhten Kraftstoffverbrauch im Climb wieder zunichte gemacht wird. Eine Ausnahme bildet steigen mit starkem Rückenwind.

Abschätzung des Kraftstoffverbrauchs

Bei den üblichen Kolbenmotoren unserer E-Klasse Flugzeuge kann der Kraftstoffverbrauch sofort anhand des Powersettings abgeschätzt werden: Kraftstoffverbrauch = PS x Leistungseinstellung [in %] x spezifischem Kraftstoffverbrauch für den Faktor spezifischer Kraftstoffverbrauch rechnet man dabei mit folgenden Werten: Einheit bei optimalem Leanen bei Turbolader-Motoren pounds per hour 0,43 0,48 gallons per hour 0,0717 0,0800 Liter pro Stunde 0,271 0,303

Beispiel: a) ein 200 PS-Motor verbraucht demnach bei einem Power setting von 65% ca. 55,9 pounds/h (200 x 0,65 x 0,43 = 55,9) b) ein 160 PS-Motor verbraucht demnach bei einem Power setting von 75% ca. 32,5 Liter/h (160 x 0,75 x 0,271 = 32,5)

Für den Kraftstoffverbrauch im Steigflug rechnet man pro Zylinder zusätzlich 2 Liter/h.

Bei einem 4-Zylinder-Motor werden also 8 Liter/h zum errechneten Benzinverbrauch des Reisefluges dazugerechnet. Für Rollen und Start sollte man ebenfalls einige Liter (mind. 5..10) berücksichtigen!

Eine Leistungserhöhung verursacht in Relation zur Geschwindigkeitserhöhung eine doppelte Erhöhung des Kraftstoffverbrauches.

Eine durchschnittliche leichte Einmot verbraucht bei einem Powersetting von 75% 13% mehr Benzin, ist aber nur 6% schneller als bei einer Leistungeinstellung von 65 %. Bei einer Leistung von 55% wird 25% weniger Kraftstoff benötigt, die Geschwindigkeit ist jedoch nur um 12% geringer als bei einer Einstellung von 75%.

Die wahre Eigengeschwindigkeit verändert sich um rund 1% pro 1000ft Höhendifferenz.

Diese Relation ist für die Bestimmung der Flughöhe bei starkem Gegenwind wichtig. Ein Flugzeug mit 150 kts TAS in 2000 ft hat in 8000ft eine TAS von 159 kts. Achtung: Turbulenz verringert die TAS, also möglichst eine turbulenz-arme Höhe wählen.

Zur Berechnung der Dichtehöhe werden je 1000ft zur Druckhöhe addiert pro 2° C höherer Temperatur gegenüber der Standard-Temperatur.

Genauer: ausgehend vom Standarddruck (1013 hPa) und der aktuellen Höhe wird zunächst aus dem QNH die Druckhöhe ("pressure altitude") errechnet (aktuelle Höhe +/- 30ft pro hPa Druckdifferenz zwischen QNH und Standarddruck) errechnet, und diese wird dann korrigiert um 120 ft pro Kelvin Temperaturdifferenz gegenüber der Standardtemperatur in dieser Höhe (die Standardtemperatur in Meereshöhe beträgt 15° C, sie sinkt um je 2° C pro 1000ft Höhenzunahme).

Die Startstrecke erhöht sich (gegenüber dem Wert in MSL) um mind. 10% pro 1000 ft höherer Dichtehöhe.

Außerdem verkürzt sie sich pro 1kt Gegenwind um 1%, bzw. sie verlängert sich pro 1kt Rückenwind um 5%. Merke: der Einfluß von Rückenwind macht sich fünfmal so stark bemerkbar wie der von Gegenwind.

Aus Sicherheitsgründen sollte die errechnete Startrollstrecke verdoppelt werden.

Fixieren Sie die Hälfte der Startbahn. Sollte Ihr Flugzeug dort noch nicht abgehoben haben, ist der Start unsicher. Die meisten Flugzeuge sind schneller abzubremsen als zu beschleunigen, so daß für einen Startabbruch immer noch genügend Runway vorhanden ist.

Der Steiggradient läßt sich errechnen, indem die Steigrate durch die zurückgelegten NM pro Minute dividiert wird.

Die gestiegene Höhe in ft/NM ist vor allem in gebirgigem Gelände oder zur Überwindung von Hindernissen von Bedeutung. Beispiel: 100 kts GS entsprechen 1,666 NM/Min. 600ft/Min Steigrate dividiert durch 1,666 NM/Min ergibt 360 ft Steigen pro NM. Ist ein Berg mit einer Höhe von 5000ft nur 10 NM enfernt, sollte man besser während des Steigens Kreise ziehen.

Für die errechnete Flugzeit zwischen zwei Checkpunkten während eines Steigfluges wird pro 1000 ft Steigen eine halbe Minute zur errechneten Reiseflugzeit addiert.

Beispiel: Steigflug auf 6000ft, GS 120 kts, Entfernung des ersten Checkpunktes 40 NM. Die errechnete Flugzeit dorthin beträgt 23 Minuten.

Die Manöver-Geschwindigkeit entspricht ungefähr der Quadratwurzel aus dem sicheren Lastvielfachen multipliziert mit der Überziehgeschwindigkeit.

Beispiel: Das sichere Lastvielfache der Kategorie Normalflugzeuge beträgt 3,8 g, (der Kategorie Nutzflugzeuge 4,4g). 3,8 = 1,95, also ca. = 2; Va = Vs x 2.

Die maximale Flugdauer wird bei Einhalten von Vy (Geschwindigkeit mit der besten Steigrate) erzielt.

Bei dieser Geschwindigkeit wird ebenso das Verhältnis zwischen Auftrieb und Luftwiderstand optimiert. Man benötigt die geringste Leistung zur Erhaltung des Geradeausfluges. Vy schafft Spielraum bei Orientierungsverlust, und ist empfehlenswert im IFR-Training, in Holdings oder bei Anflugverzögerungen durch das ATC. Achtung: Motortemperatur beobachten!

Die maximale Reichweite erzielt man bei Vy + 25%.

Diese Geschwindigkeit entspricht gewöhnlich einer Leistungseinstellung von 45%. Bei einigen Flugzeugmustern werden vielleicht nur ein paar Meilen gespart, aber gerade sie könnten ausschlaggebend sein!

Bei einer Entfernung von 60 NM von der VOR-Station entspricht 1° Kursablage einer Kursabweichung von 1 NM.

Wandert die VOR-Nadel ganz aus, so bedeutet dies eine Ablage von 10°. Ist die Nadel halb ausgewandert und man befindet sich 60 NM von der Station, beträgt die Kursabweichung nach links oder rechts 5 NM.

Die Leistungsdaten eines Flugzeuges verringern sich um die Hälfte des Prozentsatzes, um den das Gesamtgewicht unterschritten wird.

Überzieh-, Steig- und Anfluggeschwindigkeiten reagieren empfindlich auf das Fluggewicht. Wird das Fluggewicht um 10% gesenkt, vermindern sich diese Geschwindigkeiten um 5%.

Zur Berrechnung von Estimates auf der Strecke bei einer GS von 150 kts multipliziert man die Entfernung mit 4 und läßt einfach die letzte Ziffer weg.

Beispiel: Entfernung 50 NM. 50 NM x 4= 200 NM oder 20 Minuten. Bei einer GS von 100 kts multipliziert man mit 6, bei 120 kts dividiert man durch 2, bei 180 kts dividiert man durch 3. 120 kt = 2 NM/min

Der Sinkflug soll pro 1000 ft Höhenverlust in einer Entfernung von je 5 NM vor dem Ziel eingeleitet werden.

Beispiel: Bei einem Höhenverlust von 8000 ft wird der Sinkflug 40 NM vor der Landebahn begonnen. Die Sinkrate hängt jeweils von der GS ab. Sie beträgt bei 90 kts 300 ft/min, bei 120 kts 400 ft/Min, bei 150 kts 500 ft/Min , bei 180 kts 600ft/Min, bei 210 kts 700 ft/Min. Pro 30 kts Geschwindigkeitsänderung variiert die Sinkrate um 100 ft/Min. (120kt = 222 km/h)

Wolkenuntergrenzen und Sichten verschlechtern sich abends oder gleich nach Sonnenaufgang.
Höhenwinde in einem Frontgebiet nehmen zu.

Steht die Windrichtung hinter einer Kaltfront mehr oder weniger senkrecht zur Frontrichtung, kommt es zu einer stationären Kaltfront, die nach einigenTagen als Warnfront weiterzieht. Achtung vor Nord-Ost-Winden hinter einer Kaltfront!

Ein Vorhaltewinkel nach links bedeutet, daß man in einem Tiefdruckgebiet fliegt. Man weiß was zu beachten ist!
Die Cumulus-Wolkenbasis in ft wird ermittelt, indem man den Spread (Temperatur%Taupunkt) mit 400 multipliziert.

Beispiel Spread 10=10 x 400=4000. Die Wolkenbasis liegt bei 4000 ft über Grund. Diese Methode ist bei Konvektionswolken, die sich um die Tagesmitte herum bilden, am exaktesten. Sie ermöglicht, Thermik weitgehend zu vermeiden.

Sinkt die Temperatur pro 1000 ft Höhenzunahme um mehr als 2° C, besteht Gewittergefahr.

Der vertikale Temperaturgradient ist ein Maß für den Gleichgewichtszustand einer Luftschichtung. Ist die aktuelle Höhentemperatur niedriger als die vorhergesagte, d.h. ist es kälter als angenommen, finden wir eine weniger stabile Luftschichtung vor.

Gewitter wirken sich auf ihre Vorderseite und der Seite, von der sie sich regenerieren, am wenigsten stark aus, wie man der Windströmung in niedrigen Höhen entnehmen kann.

Gewitter ziehen gewöhnlich in die Richtung des Windes ,der in 18 000 ft vorherrscht und werden meistens von Winden aus südlicher Richtung ausgelöst.

Vom Hoch in's Tief geht's schief.

Der Höhenmesser zeigt zu hoch an, wenn man von einem Gebiet mit hohem Druck oder hoher Temperatur in ein Gebiet mit tiefem Druck oder niedriger Temperatur fliegt.

In Hochdruckgebieten ist es kälter als in Tiefdruckgebieten.

Luftmassen mit tiefem Druck steigen auf, während Luft mit hohem Druck aus kühleren Schichten absinkt. wichtig ist auch, daß wärmere Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen und halten kann als kältere.

Die normale Anfluggeschwindikeit errechnet sich aus der Überziehgeschwindigkeit in Lande-Konfiguration x Faktor 1,3.

Auf dem Fahrtmesser ist dies die Geschwindigkeit am Anfang des weißen Bogens x 1,3.

Bei böigem Wind sollte die normale Anfluggeschwindigkeit um die Hälfte der Differenz Windgeschwindigkeit - Böenspitze erhöht werden.

Beispiel: Windgeschwindigkeit 10 kts, mit Böen bis zu 20 kts. Die Anfluggeschwindigkeit erhöht sich um 5 Kts. Achtung: verlängerte Landestrecke beachten!!!

Bei einem 30°-Winkel zwischen Lande- und Windrichtung beträgt die Querwindkomponente die Hälfte der Windgeschwindigkeit.

Sie entspricht ca. 70% der Windgeschwindigkeit bei 45° und bereits ca. 85% bei 60°. Bei 90° ist die Windgeschwindigkeit natürlich gleich der Querwindkomponente.

Die maximale zugelassene Querwindkomponente eines Flugzeuges wird bei einem Querwind von 90% und einer Windgeschwindigkeit, die 20% der Überziehungsgeschwindigkeit ausmacht, festgelegt.

Diese nach FAA-Richtlinien maximal zugelassene Querwindkomponente stellt dabei kein Limit dar, welches das Flugzeug nicht überschreiten könnte - vielmehr wird damit ein Wert dargestellt, den ein gut trainierter Pilot unter ansonsten günstigen Bedingungen erreichen kann (und der auch entsprechend erprobt bzw. nachgewiesen wurde).

Die Aqua-Planing-Geschwindigkeit erhält man, indem die Quadratwurzel des Reifendrucks in pounds mit 9 multipliziert wird.

Bei einer leichten Zweimot mit einem Reifendruck von 36 pounds wird bei einer Geschwindigkeit von 54 kts Aqua-Planing einsetzen. Das heißt, daß unter diesen Bedingungen auf nasser Landebahn ab 54 kts nur noch eine aerodynamische Bremse wirksam ist!